Rhein-Neckar-Zeitung, Stadtanzeiger Mosbach, Juni 2006
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Mit Minister Hauk auf Vogelstimmenfang
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Mit dem Naturschutzbund Mosbach unterwegs im Reich von Baumpieper und Zilpzalp – 30 Teilnehmer zu früher Morgenstunde
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von Ulla Brinkmann
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Nicht auf Wähler-, sondern auf Vogelstimmenfang begab sich Minister Peter Hauk bei der letzten Exkursion des Naturschutzbundes Mosbach (NABU) für diese Saison. Den obersten Naturschützer des Landes wie weitere rund 30 Teilnehmer, zu denen auch Billigheims Bürgermeister Roland Berberich zählte, schreckte die frühe Stunde des Aufbruchs nicht: um sechs Uhr war Start in Neckarburken.
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Dass man nicht früh, sondern eher spät dran sei für ein solches Unternehmen, stellte begrüßend gleich einmal Peter Baust fest, der die Mosbacher NABU-Gruppe leitet. Noch vor dem Minister hieß er die vier Kinder willkommen, die sich mit auf den Weg machten. „Die Vögel sind schon seit zwei Stunden aktiv“, war die erste von vielen Informationen, die die Exkursionsteilnehmer an diesem Sonntagmorgen bekommen sollten. Auch dass es bald vorbei sei mit dem Gesang, erfuhren sie. „Denn das Werben um die Weibchen und das Etablieren der Territorien ist nun abgeschlossen“, übernahm Dr. Gerd Morgenthaler das Wort, „im Herbst gibt es dann nochmals eine Zeit, in der die Jungvögel von den Alten das Singen lernen, sogar in Dialekten.“
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Hoch ging’s Richtung Römerweg. Die Hänge an dieser Stelle des Elztals weisen eine noch abwechslungsreiche Vegetation auf, was Zilpzalp und Mönchsgrasmücke Heckenbraunelle und Neuntöter zu schätzen wissen. Es war ein ständiges Innehalten, Horchen und Schauen. Als erstes ließ sich eine Ringeltaube mit ihrem typischen fünf Mal „Hu“ vernehmen. „Sie ist damit klar von der Türkentaube zu unterscheiden, die sich auf drei Mal beschränkt.“ Gleich darauf war der klettergewandte Kleiber zu hören, von dem die zehnjährige Lea wusste, dass er der Vogel des Jahres 2006 ist.
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Sobald Morgenthaler mit einer Hand die Hörrichtung wies, war die Gruppe ganz Ohr. Es sind oft nur kleine, aber einprägsame Unterschiede bei den Gesängen. Die einen sind melodisch wie das Geflöte der Amseln, die anderen klingen metallisch wie das Klingeln der Meisen, manche singen beim Aufsteigen in die Luft anders als beim Hinabsinken wie der Baumpieper, die Lerche kann’s mit beeindruckender Ausdauer, wieder andere ähneln in den Lautäußerungen dem Gezirpe der Grillen wie der Feldschwirl, von dem die meisten Teilnehmer noch nicht einmal den Namen je gehört hatten. Und als sich dann noch das „Miauen“ eines fernen Hofpfaus darunter mischte, dann wurd’s schon richtig schwierig mit dem Auseinanderhalten der Töne. „Das lernt man nicht von heute auf morgen, und auch mit einer Stimmen-CD ist es nicht getan“, meinte Peter Baust, „am besten geht es eben in der Natur.“
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Der NABU lädt mehrere Male im Jahr zu naturkundlichen Exkursionen, wobei die vogelkundlichen Wanderungen den Schwerpunkt bilden. Aber wer den Stimmen lauscht, erfährt nebenbei noch viel über die Lebensräume, in denen sie erklingen. „Und die sollten nicht von Monotonie bestimmt sein“, deutete Gerd Morgenthaler auf scheinbar unordentliche Brennnesselraine, klein strukturierte Flächen mit Hecken, Büschen, Geröll und buntem Bewuchs oder alte und große Birnbäume, die kaum wirtschaftlichen Nutzen haben. Jeder Landwirt sei zu loben, der sie nicht fälle, besonders dann, wenn er bei der Bewirtschaftung mit dem Traktor drumherum fahren müsse. „Um eine kleine Anerkennung zu schaffen, gewährt das Ministerium für Ernährung und ländlichen Raum einen minimalen Zuschuss pro Jahr und Baum für den Erhalt solcher Bäume“, konnte Peter Hauk wenigstens etwas bieten. Erst im vergangenen Jahr seien die landwirtschaftlichen Flächen mit digitalen Luftbildaufnahmen neu registriert worden. Schade hingegen fand es Frank Laier vom NABU Seckach- und Schefflenztal, dass die Mittel für die Pflege und den Erhalt der Streuobstbestände zurückgeschraubt worden seien.
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Dass sich das Vorhandensein einer bestimmten Vogelart nicht nur an ihrem Gesang oder Erscheinen bestimmen lässt, zeigte ein untertassengroßes Loch am Wegrand, in dem Steinhummeln umherirrten. „Es gibt eigentlich nur zwei Tiere, die sich über Hummelnester hermachen“, erklärte Baust, „ein Dachs wäre beim Ausräumen verheerender vorgegangen. Bleibt nur der Wespenbussard als Räuber - ein seltener Vogel.“
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